Das neue Polizeitrainermagazin Nr. 16 ist da!

Liebe Leser,

in dieser Ausgabe finden Sie zu dem Dauerthema „Tottreten“ zwei hervorragende Fachbeiträge aus unterschiedlichen Perspektiven (Dr. Heinke, Seite 10ff und Prof. Dr. Rothschild, Seite 17ff.). Wer sich gründlich zu diesem Themenkomplex mit der Zielrichtung Täter und Tatbegehung informieren will, ist hier gut aufge- hoben. Seit mehr als einem Jahr zehnt erregt eine umfangreiche Berichterstattung bei den herausragenden Fällen mit Todesfolge oder bleibenden schweren Schäden die bunderepublikanische Öffentlichkeit.

Wenn wir das Thema Jugendstrafrecht und Fälle mit schwerwiegenden Folgen in Talkshows wiederfinden wird offenbar, wie hilflos Justizpolitiker dieser Entwicklung gegenüberstehen. Ein Blick auf die Statistik (PKS) zeigt, dass die angezeigten Fälle der gefährlichen und schweren Körper verletzung in der Öffentlichkeit zwar leicht rückläufig sind, jedoch immer noch deutlich höher als vor 10 oder 19 Jahren (SPIEGEL 43/2012). Bundesweit waren es 2011 67.398 Fälle plus Dunkelziffer. Die zahlreichen Leserzuschriften in den Tages- und Wochenzeitungen offenbaren die Wut in der Bevölkerung darüber, wie milde die Justiz mit den häufig vorbestraften oder zig Mal „zum letzten Mal“ ermahnten Tätern umgeht.

Beispiel: Ein Gericht stellte fest, dass der wegen versuchten Totschlags (!) zu lediglich zwei Jahren und zehn Monaten verurteilte 18-Jährige die gezielten Tritte gegen den Kopf des bereits regungslosen Opfers weitausholend von oben führte, sie seien regelrecht „herabgeprasselt“.

Am Ende der Kurzberichte in den Nachrichten über gravierende Gewalt- delikte hört man oft den Sprecher sagen „den Täter erwartet eine Haftstrafe von bis zu 10 Jahren“. Das ist keine Falschmeldung, aber eine irreführende Information: dem TV- Zuschauer wird Glauben gemacht, dass nun eine erhebliche Freiheitsstrafe verhängt wird. Jedoch wird nur ganz selten, selbst bei schweren Fällen, der zur Verfügung stehende Strafrahmen auch nur annähernd ausgeschöpft. In dem oben angeführten Fall dürfte der Täter bei guter Führung nach spätestens 16 Monaten wieder in Freiheit sein.

Ist sich die Justiz im Klaren darüber, dass sie mit diesen „Strafen“ die Demokratieverdrossenheit fördert?
Sie hat schließlich schon einmal durch Nachgiebigkeit zu Weimarer Zeiten versagt. Wie können Justizpolitiker diese milden Strafen im Verhältnis zur Bestrafung von Steuersündern erklären? Warum hat die oft gepriesene körperliche Unversehrtheit einen solch geringen Stellenwert?

Immerhin scheint es manchen Ver- antwortlichen langsam zu dämmern, dass klare Zeichen durch zügige Verfahren und konsequente Urteile bei Intensivtätern gesetzt werden müssen. Die alltägliche Appeasement-Politik des ewigen Nachgebens, verbunden mit einer unangebrachten Milde, muss ein Ende haben. Die Opfer klagen an!

Ihr Eckhard Niebergall

EPTK 2013

Die EPTK 2013 wird am 07./08.03.2013 auf dem Messegelände Nürnberg stattfinden.

 

PID Praxisseminar „Lebensrettende Sofortmaßnahmen unter einsatzmäßigen Bedingungen“

PiD organisiert ein Seminar der Extraklasse mit Top-Referenten

Eine Analyse der Anschläge vom Juli 2011 in Oslo, bei dem 77 Menschen getötet und 40 schwer verletzt wurden, zeigt, dass bei einem vergleichbaren Ereignis  mit einer Vielzahl Schwerverletzter unter Umständen die übliche, medizinische Rettungskette unterbrochen wird. Nach Meinung von Experten werden für die hohe Anzahl  verletzter Personen nicht  genug qualifizierte, zivile Rettungskräfte zur Verfügung stehen. Eine schnelle und effektive Hilfe durch Fachpersonal ist -zumindest zeitweilig- nicht möglich.

Auch bei Lagen, in denen der oder die bewaffneten Täter weiter auf den Evakuierungsbereich einwirken können, wird kein medizinisches Personal zur Verfügung stehen und die Polizeikräfte vor Ort müssen selbst lebensrettende Maßnahmen einleiten oder durchführen. Gleiche Erkenntnisse ergeben sich aus den Analysen des Al Quaida-Anschlages vom November 2008 in Mumbai/Indien.

Erste Hilfe Maßnahmen unter einsatzmäßigen Bedingungen müssen in das Einsatztraining integriert werden. Deshalb fand am Samstag, den 17.11.2012 das PiD-Seminar

„Lebensrettende Sofortmaßnahmen unter einsatzmäßigen Bedingungen“

in Wiesbaden statt.

Eckhard Niebergall, 1. Vorsitzender des PiD und Ehrengast Manfred Tecl, ehemaliger Leiter der Hessischen Polizeiakademie, konnten mehr als 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer von Polizeibehörden des Bundes und der Länder, des BKA, von Zoll, Justiz und europäischer Staaten begrüßen.

Als Gastsprecher betonte Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der DPolG die Bedeutung der Eigensicherung von Einsatzkräften und wies auf den Zusammenhang zwischen Trainingserfolg, materieller Ausstattung und der Personalfrage hin.

Die Personalfrage ist die Schlüsselfrage, und diese führt zur Trainingsfrage. Ein erfolgreiches Training muss illusionsfrei sein, es muss moderne Techniken beinhalten und es muss ohne ideologische Scheuklappen durchgeführt werden!“

Im folgenden Referat berichtete Frank Hagen, Arzt an der Universität Mainz, über Notfall-medizinische Sofortmaßnahmen am Einsatzort mit dem Schwerpunkt lebensbedrohlicher Blutungen. Als zweiten Referenten konnte PiD einen weiteren Spezialisten gewinnen. Er ist erfahrener Rettungsassistent der Bundeswehr, TCCC-Trainer sowie Combat First Responder und gab Informationen mit praktischen Anwendungen zum Thema „Care Under Fire.“

In der zweiten Tageshälfte wurden die theoretischen Grundlagen in dynamischen und interaktiven Trainingseinheiten unter der Leitung von PiD-Trainern gemeinsam mit den Referenten erprobt und gefestigt.

Ein ausführlicher Bericht zu dieser Veranstaltung wird von Gerhard Bahr in der nächsten Ausgabe des POLIZEITRAINER MAGAZIN Nr. 17 veröffentlicht.

 

Eckhard Niebergall

Bericht zur 7. EPTK in „Öffentliche Sicherheit“ von Kurt Hickisch

Die Auswirkungen stumpfer Gewalt auf einen Menschen waren ein Schwerpunkt bei der 7. Europäischen Polizeitrainer-Fachkonferenz am 8. und 9. März 2012 in Nürnberg.

Folgen stumpfer Gewalt. In Bayern wurden 2010 über 6.200 Fälle von Gewalt gegen Polizistinnen und Polizisten statistisch erfasst, von denen fast 13.000 Beamtinnen und Beamte betroffen waren“, sagte Polizeidirektor Werner Süssmann, Leiter der Bereitschaftspolizei Nürnberg, bei der Eröffnung der Fachkonferenz. 2011 habe sich die Situation verschlechtert. Fast drei Viertel der Täter waren alkoholisiert. Jede zehnte Gewaltanwendung gegen Polizisten erfolgte, ohne dass die Beamten zuvor eingeschritten wären. Eine Verschärfung des Straftatbestandes gegen Vollstreckungsbeamte wurde kürzlich im Bundestag beschlossen. Verletzungen und deren Folgen wie Schläge mit oder ohne Werkzeug, durch Tritte oder durch geworfene Gegenstände, waren das Thema zweier Vorträge bei der Fachkonferenz. Dr. Markus Rothschild, Direktor des Instituts für Rechtsmedizin des Uniklinikums Köln, berichtete über die physikalische Komponente von stumpfer Gewalt. Neben der Masse des Gegenstands kommt es vor allem auf seine Geschwindigkeit an. Halbe Geschwindigkeit bewirkt einen Rückgang der kinetischen Energie auf ein Viertel. Ferner kommt es auf die Energieverteilung auf der getroffenen Fläche an, berechnet nach Joule pro mm2. Stumpfe Gewalteinwirkung gegen den Kopf ist laut Rothschild immer lebensgefährlich, ebenso Tritte gegen Bauch und Brustkorb. Von Bedeutung ist dies hinsichtlich des Waffengebrauchs und der Güterabwägung. Nicht ein Schädelbruch an sich ist medizinisch ein großes Problem, sondern Blutungen oder Infektionen im Gehirn, wie sie insbesondere bei Brüchen im Bereich des Gesichtsschädels durch eintretende Bakterien aus dem Nasenraum die Folge sind. Bei einer Schädelfraktur kann eine Arterie verletzt werden, Blut tritt in einen Bereich aus, der nicht erweiterbar ist. Beim „epiduralen Hämatom“ ist die Hirnhaut noch intakt; der Raum zwischen ihr und dem Schädelknochen wird mit Blut gefüllt. Bei einem „subduralen Hämatom“ entsteht die Blutung unterhalb der Hirnhaut. Die Gefahr ist in beiden Fällen der steigende Druck im Gehirn durch das austretende Blut. Wird dieser Druck vor allem um den Hirnstamm zu hoch, werden die lebenswichtigen Funktionen unterbunden.

Strafrechtliche Beurteilung. Senatsrat Dr. Daniel Heinke vom Senator für Inneres Bremen berichtete über eine Auswertung von vier rechtsmedizinischen Dissertationen, in denen 296 Todesfälle aus den Jahren 1980 bis 2000 auf Grund tödlich verlaufender Angriffe gegen den Kopf und/oder den Oberkörper untersucht wurden. Im Rahmen einer weiteren Dissertation wurden Tritte gegen Kopf und Oberkörper eines liegenden Crash-Test-Dummies biomechanisch untersucht. Bei über 60 Prozent der untersuchten Todesfälle war der Kopfbereich betroffen, der nur etwa zehn Prozent der Körperfläche ausmacht. Tritte gegen den Kopf werden somit eher gezielt geführt und weniger durch Zufall gelenkt. Gefährlich wird es, wenn der Kopf mit mehr als dem 50-fachen der Erdbeschleunigung (50 g) beschleunigt wird. Auch durch Tritte mit Straßenschuhen, Turnschuhen, mit Flip-Flops oder auch barfuß kann eine derartige, bis zu 100 g reichende Beschleunigung des Kopfes erreicht werden. „Schuhe mit Stahlkappen sind deshalb gefährlich, weil sich der Täter nicht weh tut und deshalb stärker zutritt“, sagte Heinke. Nicht die Art des getragenen Schuhwerks ist relevant, sondern die Wucht des Tritts. Schon ein einziger Tritt kann tödlich sein; es gibt keine „ungefährlichen“ Tritte. Ob Verletzungen oberflächlich bleiben oder tödlich enden, hängt oft vom Zufall ab. 94 Prozent der Täter sind männlich. In 68 Prozent der Fälle sind es Einzeltäter und in 24 Prozent der Fälle zwei Beteiligte. Eine gemeinschaftliche Tatbegehung (Gruppen von zwei oder drei Personen) findet sich hauptsächlich in der Altersgruppe Ende 20. Geschlecht, Alter, Größe und Gewicht des Angreifers sind keine Ausschlussmerkmale für tödliche Verletzungen. „Jeder kann tottreten“. In einer weiteren Untersuchung wurden 830, im Durchschnitt 20 Jahre alte Personen schriftlich zur Bewertung der Gefährlichkeit von Gewalthandlungen im Hinblick auf die Schwere möglicher Verletzungen befragt, wobei die zu beurteilenden Gewalthandlungen von der Ohrfeige bis zu Tritten gegen den Kopf gereicht haben, und die Kategorien von vollkommen ungefährlich (1) bis lebensgefährlich (5). Tritte gegen den Kopf wurden von 90 Prozent als lebensgefährlich eingestuft, von weiteren 9 Prozent als zumindest sehr gefährlich. In der gleichen Studie wurde gefragt, welche Verletzungsfolgen bei Fußtritten gegen den Kopf erwartet werden. 32 Prozent gaben den Tod des Opfers als zu erwartende Folge an, weitere 5 Prozent lebensbedrohende Verletzungen. Es bestehe daher ein brei tes Wissen darüber, „dass Fußtritte gegen den Kopf lebensgefährlich sind, und dass dieses Wissen beim Durchschnittsmenschen vorausgesetzt werden kann“, betonte Heinke. Es sei für den Täter vorhersehbar, dass das Opfer tödliche Verletzungen erleiden könne. Die üblichen Verantwortungen, die Folgen nicht gewusst und nicht gewollt zu haben sowie wahllos zugetreten zu haben, seien nach diesen Untersuchungen in dieser Allgemeinheit nicht haltbar. Fußtritte gegen den Kopf seien zunächst als zumindest mit bedingtem Tötungsvorsatz begangene Delikte zu behandeln und nicht aus dem Gesichtspunkt (bloß) schwerer Körperverletzung. „Die Auffassung, es kann kein Tötungsdelikt sein, wenn das Opfer wieder aufgestanden ist, ist falsch“, sagte Heinke.

Taktische Erste Hilfe. „Die Polizei wird sich zunehmend darauf einstellen müssen, dass es schwieriger wird, Verletzte zu bergen, weil der Rettungsdienst nicht durch kann, nicht durchgelassen wird oder sich selbst in Gefahr bringen würde“, sagte Dr. Rudolph E. Bermel, ein in internationalen militärischen Einsätzen erfahrener Arzt. „Dem Ersthelfer kommt entscheidende Bedeutung zu.“ In den USA wurden 2010 insgesamt 160 Polizisten im Dienst getötet            (um 37 % mehr als 2009), 61 davon durch Schussverletzungen. In Deutschland kamen seit dem Zweiten Weltkrieg 300 Polizisten durch Straftäter ums Leben. Vermeidbare Todesursachen sind zu 61 Prozent Blutverlust aus Armen und/oder Beinen, Spannungspneumothorax mit 33 Prozent und eine Verlegung der  Atemwege zu 6 Prozent. Beim Tragen von Schutzwesten verlagern sich Schussverletzungen auf Arme und Beine, größere Blutgefäße können dort getroffen werden und massive Blutungen verursachen. Ein Verbluten muss mit allen Mitteln verhindert werden, etwa durch ein Abdrücken mit Hand, Fuß oder Knie, Gürtel, Dreieckstuch, Krawatte. Anstelle das Eintreffen der Rettung abzuwarten, kann es in solchen Fällen lebensrettend sein, den Verletzten mit einem Fahrzeug ins Krankenhaus zu bringen. Bei Einschüssen in den Brustraum kann der zum Atmen nötige Unterdruck in der Lunge nicht mehr aufrechterhalten werden. Beim Spannungspneumothorax kommt dazu, dass durch einen Ventilmechanismus mit jedem Atemzug Luft zwar eingezogen wird, ohne dass diese bei der Ausatmung wieder entweicht. Der in der Brusthöhle steigende Druck verengt den Blutrückfluss zum Herzen. Das kann zum Herz-Kreislauf-Stillstand führen. Hier muss vom Ersthelfer eine Abdichtung der Schusswunde erfolgen und in weiterer Folge eine Entlastungspunktion mit einer möglichst großen Kanüle, wie sie in Erste-Hilfe-Sets enthalten sind. In diesen befinden sich auch Tuben zum Einlegen in Mund oder Nase.

Schutzwesten. Dass in Bezug auf die Ausrüstung der Polizei mitunter erst etwas passieren muss, damit etwas passiert, zeigte Bernd Pokojewski an Hand des North-Hollywood-Shoot-Out auf. Zwei schwer bewaffnete Bankräuber überfielen am 28. Februar 1997 in North Hollywood, Los Angeles, eine Bank. Sie hatten fünf Sturmgewehre (darunter drei modifizierte AK 47), drei Faustfeuerwaffen und rund 3.300 Schuss panzerbrechender Munition in Stangen und Trommel- magazinen mit sich. Ferner trugen sie eine selbst hergestellte ballistische Schutzkleidung. Bereits in der Bank, wo sie etwa 300.000 US-Dollar erbeuteten, feuerten sie etwa 100 Schüsse ab, um Mitarbeiter und Kunden einzuschüchtern. Beim Verlassen der Bank kam es zu einem Schusswechsel mit Polizisten, die das Gebäude umstellt hatten. Die Geschoße der Dienstwaffen (Pistolen Kal. 9 mm bzw. Revolver .38 special, Vorderschaftsrepetierer Kal. 12 mit 9 8mm Kugeln – „00 Buckshot“) zeigten wegen der 14 kg schweren Schutzkleidung der Täter wenig Wirkung. Einer der beiden Täter wurde in die Hand getroffen und erschoss sich. Der andere, der insgesamt 29-mal getroffen wurde, starb durch Verbluten, da es die Rettungskräfte nicht gewagt hatten, zum Einsatzort vorzudringen. Die Täter hatten etwa 1.100 Schüsse abgefeuert, die Polizei etwa 550. Elf Polizeibeamte wurden zum Teil schwer verletzt. Etwa 100 Beamte nahmen psychologische Hilfe in Anspruch. Das Hauptproblem war das Gefühl der Ohnmacht bzw. Hilflosigkeit durch Unterbewaffnung. Wegen dieser Unterbewaffnung der Polizei gegenüber mit Schutzwesten ausgestatteten Tätern wurde die Polizei mit Sturmgewehren ausgestattet und bei den Faustfeuerwaffen wurde das Kaliber .45 ACP eingeführt. Die Türen der Streifenwagen wurden mit Aramid-Laminaten schusshemmend ausgestattet. Der Verkauf von Schutzwesten an Private wurde eingeschränkt. In zwölf Staaten der USA wurde in Justizvollzugsanstalten Kraftsporttraining abgeschafft und die Geräte dazu abgebaut.

Über die Unruhen in England im August 2011 berichtete der Polizeiberater Tim O’Neill. Am 4. August 2011 wurde im Londoner Stadtteil Tottenham der 29-jährige Mark Duggan von Polizisten erschossen, als er wegen Drogenhandels festgenommen werden sollte. Bei einer zunächst friedlichen Demonstration zwei Tage später wurde von der Polizei Aufklärung über den Tod von Duggan gefordert. Die Situation eskalierte am Abend, breitete sich mit Gewalttätigkeiten, Brandstiftungen und Plünderungen auf andere Stadtteile Londons aus und griff schließlich in den folgenden Tagen auf weitere Städte Englands über. Erst nach massivem Polizeieinsatz (die Polizeikräfte in London wurden von 6.000 auf 16.000 aufgestockt) konnte am 10. August die Ordnung wieder hergestellt werden. Mehr als 2.100 Personen wurden verhaftet und in Eilverfahren abgeurteilt. Die Unruhen forderten fünf Tote. Der Sachschaden wurde auf 200 Millionen Pfund geschätzt. Laut O’Neill gehörten die Täter verschiedenen Gruppen an: organisierte Kriminelle, die, mit dem Ziel, zu hochwertigen Gütern zu gelangen, Unruhen angezettelt hatten und sich dann absetzten; Gewalttäter, die für Brandstiftungen verantwortlich waren; Plünderer („Late Night Shopper“), die sich über soziale Medien verabredet hatten und der Polizei Kämpfe lieferten, um die Plünderungen fortsetzen zu können; sowie Opportunisten, die die Gelegenheit nutzten, um zu stehlen. Dazu kamen in großer Zahl Zuschauer, die beobachteten und oft auch filmten. Neu bei den Unruhen war die Rolle der sozialen Netzwerke, über die nicht nur Informationen flossen, sondern auch Verabredungen erfolgten. Nach den Unruhen gab es bei Kursen für Selbstverteidigung einen starken Zulauf.

Vier Selbstverteidigungssysteme wurden bei der Fachkonferenz in ihren Grundzügen vorgestellt und konnten am nächsten Tag trainiert werden. Krav Maga ist eine ursprünglich in der israelischen Armee entwickelte Kampftechnik, bei der Hände und Füsse eingesetzt werden. Pekiti-Tirsia Kali ist eine philippinische Kampfkunst als offensive Verteidigung gegen Hieb- und Stichwaffen, deren Prinzipien auch gegen waffenlose Gegner angewendet werden können. Das „Spear-System“ geht von den bei einem Angriff spontan eingenommenen Abwehrhaltungen aus und führt unmittelbar aus diesen den Gegenangriff aus. Die in Spanien entwickelte Keysi Fighting Method (KFM) nützt die natürliche Abwehrhaltung, den Kopf mit den Händen zu schützen, insofern aus, als aus dieser Haltung heraus Abwehr und Gegenangriff erfolgen.

Organisierte Kriminalität. Einen Einblick in die Strukturen der albanischen Mafia bot Sachbuchautor Jürgen Roth („Mafialand Deutschland“ und andere). Mafiageld treibt beispiels weise die Midten in die Höhe. Durch mafiose Machenschaften wird der freie Wettbewerb ausgehebelt. Großprojekte werden teurer – den Schaden trägt die Allgemeinheit. Die Konturen zwischen legalen und kriminellen Organisationen scheinen in Bereichen staatlich gelenkter Wirtschaft mancherorts zu verschwimmen, insbesondere bei Energieträgern wie Erdgas, Öl, Kohle, aber auch bei Kupfer und Aluminium.

Kurt Hickisch

Europäische Zusammenarbeit

E. Niebergall mit Gabor Bari (kompetenter Insider mit Top-Fachkenntnissen und Übersetzer)

Zum europäischen Gedanken und der Zusammenarbeit zwischen den Staaten der Europäischen Union und ihrer Institutionen gibt es keine Alternative, insbesondere wenn es um Fragen der inneren Sicherheit geht.

Das war das Fazit von Gesprächen, die der 1. Vorsitzende des Polizeitrainer in Deutschland e. V., Eckhard Niebergall, mit  Behördenvertretern in Budapest führte. Ganz oben auf der Agenda stand die aktuelle Lage zur Sicherung der EU-Außengrenzen und den daraus resultierenden Erfordernissen zur Optimierung von Verfahrensabläufen.
PiD wird zukünftig bei der Entwicklung und Manifestierung von Schulungsstandards sowie dem Training für Trainer ungarische Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben unterstützen. Erste Maßnahmen beginnen im Herbst diesen Jahres.

Bericht zur 7. EPTK in »KOMMANDO«

K-ISOM 03/2012 Cover

Im Vorfeld der IWA & Outdoor Classics 2012 in Nürnberg (9. – 12. März 2012) fand am 8. und 9. März 2012 zum siebten Mal die Europäische Polizeitrainer-Fachkonferenz (EPTK) statt. Die EPTK, ausgerichtet vom PiD (Polizeitrainer in Deutschland e. V.) unter Federführung von Eckhard »Ecko« Niebergall und Bernd »Poko« Pokojewski sowie Ralf Schmidt, bietet Behördenangehörigen aus der ganzen Welt die Möglichkeit eines enormen Erfahrungsaustauschs im Rahmen von Fachvorträgen (1. Tag) und praktischen Trainings (2. Tag) auf fachlich sehr hohem Niveau. Des Weiteren fand an beiden Tagen parallel zur EPTK erstmals die Enforce Tac statt, bei der die Möglichkeit für Behördenangehörige bestand, sich in Ruhe exklusiv über Produkte im Bereich Law Enforcement/Military zu informieren. K-ISOM war vor Ort um zu berichten. Nach der Eröffnung durch Eckhard Niebergall hielt der Leitende Polizeidirektor Werner Süßmann (Leiter der Bereitschaftspolizei Nürnberg und Schirmherr der Konferenz) die Begrüßungsrede und betonte nochmals ausdrücklich, wie wichtig diese Konferenz mit ihren polizeilichen Themen für die Weiterbildung ist. Danach ging es los mit den insgesamt sechs Fachvorträgen zu hochinteressanten Themen. Hierbei ist die hohe Professionalität bei der Durchführung der Veranstaltung anzumerken, da sämtliche Vorträge sowohl in deutscher als auch englischer Sprache (Simultanübersetzung) durchgeführt wurden. Ben Keller/K-ISOM

 

PiD-Seminar »Das Phänomen der Gewalt in den europäischen Metropolen«

Am 12. November 2011 fand  in Wiesbaden nicht nur eine PiD-Mitgliederversammlung statt, sondern man bot den registrierten und vorangemeldeten Teilnehmern das Diskussions-Seminar „Das Phänomen der Gewalt in den europäischen Metropolen“. Das Thema wurde anlassbezogen gewählt, da nicht nur am 1. Mai in Deutschland traditionell randaliert wird, sondern das Wirtschaftskrisenjahr 2011 auch von gewalttätigen sozialen Protesten in Großbritannien überschattet war. Dazu kommen verschiedene, hauptsächlich gewaltfreie, Demonstrationen in Spanien, Frankreich (nicht immer) und Deutschland.
Insgesamt nahmen 45 Teilnehmer aus Deutschland, Schweiz, Österreich und Italien an dem hochinteressanten Seminar teil. Ebenso war eine Fläche für die Industrie reserviert, die ihre neuen Produkte vorstellte. Aussteller: Dr. Bermel (Mediguard), BONOWI, TASER, Fa. Hofmann, PiD (neues Funktionsshirt präsentiert). Das PiD-Team vor Ort bestand aus: Ecko Niebergall (souveräner Moderator der Veranstaltung), Ralf Schmidt (Idee und Organisation) und Bernd Pokojewski (Mediensprecher). Das PiD-Seminar „Das Phänomen der Gewalt in den europäischen Metropolen“ war letztendlich ein voller Erfolg und bewies, dass sich die PiD auch auf intellektueller Basis mit den schwerwiegenden Problemen in Europa erfolgreich auseinandersetzen. Die eingeladenen Sprecher waren: Wolfgang Degen (Journalist), Dr. Rainer Fromm (Fachjournalist), EPHK i.R. Bernd Pokojewski (ehem. SEK-Ausbildungsleiter), Dr. Dirk Scherp (Rechtsanwalt, ehemaliger Staatsanwalt) und Dr. Udo Ulfkotte, (Publizist). Sie alle diskutierten in Workshops und einer anschließenden Podiumsdiskussion das Titelthema aus globaler, lokaler und ganz persönlicher Sicht mit den sichtlich begeisterten Teilnehmern. Schwerpunkt waren hier die objektive Darstellung von Gewaltausbrüchen in den Städten der verschiedenen Ländern und deren Ursprung, Gründe sowie  Auswirkungen auf Polizei und Gesellschaft. Besonders interessant waren hier die Unterschiede in Großbritannien, Frankreich und Deutschland, die u. a. mit Video-Aufzeichnungen und Meldungen aus den Medien sowie Studien unterlegt wurden. Insgesamt hat die PiD-Veranstaltung mit dem neuen Seminar-Konzept gezeigt, dass die Verantwortlichen und die Teilnehmer sich auch jenseits des taktischen Trainings mit Wort, Kopf und Geist mit brandaktuellen Themen produktiv auseinandersetzen. Wir würden uns über weitere Themen in der Zukunft freuen.

Von Sören Sünkler